Freitag, 4. Juli 2008
Scheinheiligkeit mit Adolf
jadawin, 02:46h
Es mutet schon irgendwie seltsam an, wenn sich "empörte" Politiker gerade an die Bild-Zeitung wenden, um sich darüber aufzuregen, dass Adolf Hitler im neuen Wachsfiguren-Kabinett von Madame Tussaud gezeigt wird. Dabei ist dieses Blatt stets vorne dabei, wenn es darum geht, neueste Erkenntnisse über Hitlers Nasenhaare oder Hitlers geheime Unterhosen in verkaufsträchtige Schlagzeilen zu verwandeln.
http://www.bild.de/BILD/news/politik/2008/07/04/hitler-in-berlin/zur-schau-gestellt.html
Kann man die Aufregung von Politikern, Verbänden und jüdischen Organisationen noch ernst nehmen? Darf man das überhaupt? Oder handelt es sich schlicht um pawlowsche Sommerloch-Reflexe, um Automatismen, die einfach bedient werden, egal ob es jemanden interessiert oder nicht? Wer ernsthaft wie Paolo Pinkel, Verzeihung, Michel Friedman, glaubt, dass ein Klumpen Wachs in Berlin eine Normalisierung des Bösen darstellt, lebt in einer anderen Welt. Und wer wie Friedbert Pflüger, CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, meint, dass Hitler nicht nach Berlin gehöre, hat vermutlich ein seltsames Verhältnis zur Geschichte - oder nur oberflächliche Kenntnisse, die gerade so für Platitüden ausreichen. Wenn es eine deutsche Stadt (neben München) gibt, in der die Auseinandersetzung mit Adolf Hitler stattfinden sollte, dann gerade Berlin. Warum steht denn das Holocaust-Denkmal in dieser Stadt? Welche Stadt steht für den absoluten Wahnsinn des totalen Krieges, mit Volkssturm und Führerbunker? Etwa Bielefeld? Wissen die jüdischen Organisationen in Deutschland, was man in Israel mit Hitler so veranstaltet?
http://www.thefirstpost.co.uk/42605,opinion,hitler-has-reappeared-peacefully-in-israel
Natürlich muss auch F.J. Wagner seinen ungenießbaren Senf zu diesem Thema geben. Er verzweifelt an seiner selbstgestellten Aufgabe, den Showman Hitler den Millionen toten Seelen zu erklären und möchte zu ihnen beten und um Verzeihung bitten. Ich halte das für Störung der Totenruhe und ich bezweifle, dass irgendein Opfer der Nazis oder des 2. Weltkrieges auf Kontakt mit F.J. Wagner wartet. Irgendwann muss das Leiden auch ein Ende haben.
So, und nun alle auf nach Berlin zu Madame Tussauds, wo man Stahlhelme mit Bismarck ausprobieren oder mit Angela Merkel eine Ansprache halten kann. Oder mit F.J. Wagner vor dem Führerbunker kotzen. Bild-Leser können dies auch gerne wegen F.J. Wagner tun. Dafür muss man nicht einmal nach Berlin fahren, ausser man sucht dafür einen passenden Ort, beispielsweise die Bild-Zentrale. Wäre das nicht einmal eine Idee für einen Flash-Mob? Aber ich schweife ab.
Update: Bildblog ist das Ganze natürlich auch aufgefallen:
http://www.bildblog.de/3061/madame-tussaud-nimmt-bild-den-hitler-weg
http://www.bild.de/BILD/news/politik/2008/07/04/hitler-in-berlin/zur-schau-gestellt.html
Kann man die Aufregung von Politikern, Verbänden und jüdischen Organisationen noch ernst nehmen? Darf man das überhaupt? Oder handelt es sich schlicht um pawlowsche Sommerloch-Reflexe, um Automatismen, die einfach bedient werden, egal ob es jemanden interessiert oder nicht? Wer ernsthaft wie Paolo Pinkel, Verzeihung, Michel Friedman, glaubt, dass ein Klumpen Wachs in Berlin eine Normalisierung des Bösen darstellt, lebt in einer anderen Welt. Und wer wie Friedbert Pflüger, CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, meint, dass Hitler nicht nach Berlin gehöre, hat vermutlich ein seltsames Verhältnis zur Geschichte - oder nur oberflächliche Kenntnisse, die gerade so für Platitüden ausreichen. Wenn es eine deutsche Stadt (neben München) gibt, in der die Auseinandersetzung mit Adolf Hitler stattfinden sollte, dann gerade Berlin. Warum steht denn das Holocaust-Denkmal in dieser Stadt? Welche Stadt steht für den absoluten Wahnsinn des totalen Krieges, mit Volkssturm und Führerbunker? Etwa Bielefeld? Wissen die jüdischen Organisationen in Deutschland, was man in Israel mit Hitler so veranstaltet?
http://www.thefirstpost.co.uk/42605,opinion,hitler-has-reappeared-peacefully-in-israel
Natürlich muss auch F.J. Wagner seinen ungenießbaren Senf zu diesem Thema geben. Er verzweifelt an seiner selbstgestellten Aufgabe, den Showman Hitler den Millionen toten Seelen zu erklären und möchte zu ihnen beten und um Verzeihung bitten. Ich halte das für Störung der Totenruhe und ich bezweifle, dass irgendein Opfer der Nazis oder des 2. Weltkrieges auf Kontakt mit F.J. Wagner wartet. Irgendwann muss das Leiden auch ein Ende haben.
So, und nun alle auf nach Berlin zu Madame Tussauds, wo man Stahlhelme mit Bismarck ausprobieren oder mit Angela Merkel eine Ansprache halten kann. Oder mit F.J. Wagner vor dem Führerbunker kotzen. Bild-Leser können dies auch gerne wegen F.J. Wagner tun. Dafür muss man nicht einmal nach Berlin fahren, ausser man sucht dafür einen passenden Ort, beispielsweise die Bild-Zentrale. Wäre das nicht einmal eine Idee für einen Flash-Mob? Aber ich schweife ab.
Update: Bildblog ist das Ganze natürlich auch aufgefallen:
http://www.bildblog.de/3061/madame-tussaud-nimmt-bild-den-hitler-weg
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